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Sonntag, 20. Oktober 2013

Richard David Precht in der Brigitte

Ich misstraue aller Forschung, die glaubt, eine bestimmte Region im Gehirn ausmachen zu können, die ganz automatisiert für das Erkennen von Schönheit zuständig sein soll. Und auch die These, dass wir vor allem symmetrische Gesichter schön finden, bezweifle ich. Denn die Wissenschaftler, die diesen Ansatz vertreten, stützen sich auf Untersuchungen, die meist an Computerbildschirmen gemacht worden sind. Es fehlt der Ausdruck in den Augen, das leise Lächeln, es fehlen die Grübchen, der Geruch des Menschen, die Stimmung. All das ist wichtig für die Schönheit eines Menschen. Kurz: Symmetrie wird überschätzt. Immanuel Kant hat geschrieben, dass uns das Durchschnittlichste als das Schönste erscheint. Ich bezweifle das. Nehmen Sie den neuen Bond-Darsteller... [...] Verliebtheit macht blind. Man sieht die Schönheitsfehler nicht. Wir werden überschwemmt von Phenethylamin, Dopamin und Endorphinen. Unser kritischer Verstand wird unterspült. Dieser Zustand hält circa ein halbes Jahr, danach erleben wir den anderen bewusster, es kann aber durchaus sein, dass wir die kleinen Schönheitsfehler dann besonders schön finden. Ich kenne meine Frau seit vier Jahren und bin immer noch sehr verliebt. Und ich finde sie unglaublich schön.

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